1896-1946
50 Jahre A.E. Hauffe, Pulsnitz (Sachsen)

Ihrem hochverehrten Chef Herrn Martin Hauffe und seiner Gattin Frau Elisabeth Hauffe gewidmet von der Belegschaft der Firma A.E. Hauffe Pulsnitz, am 21. November 1946
Diese Jubiläumsschrift ist entstanden aus Dankbarkeit gegenüber dem Begründer, seinem Nachfolger und allen, die der Firma mit ihrer Kraft in 50-jähriger Arbeit zur heutigen Bedeutung verhalfen. Sie will Ausdruck der Treue aller heute Schaffenden gegenüber dem Betrieb sein. Sie will mahnen zu weiterer Verbundenheit aller Betriebszugehörigen als einer Arbeits- und Schicksalsgemeinschaft, die einem Ziel zustrebt: dem weiteren Aufstieg der Firma zum Wohle aller ihrer Angehörigen.

Vorgeschichte und Gründung
In den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts wurden im Buche der Deutschen Geschichte glanzvolle Seiten geschrieben: in friedlicher, glücklicher Entwicklung gediehen Handel und Wandel, und die Industrie, so jung sie noch war, blühte mächtig empor. Die Technik begann ihren Siegeslauf und eröffnete ganz neue Perspektiven. Deutscher Fleiß trug Früchte und deutscher Geist feierte Triumphe. Sachsen mit seinen arbeitsamen Menschen nahm an dieser Entwicklung starken Anteil. Die Welle wirtschaftlichen Fortschrittes hob auch unser Pulsnitz empor. Die Mechanisierung der Bandwebereien sprengte den bisherigen Rahmen der Betriebe und es entstanden Fabriken, deren Leistungsfähigkeit bald weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt wurde.
Pulsnitz sollte aber aus dieser Zeit industriellen Werdens auch mit einem neuen Industriezweig hervorgehen, der den Namen des Städtchens in alle Welt trug und seinen Wohlstand beträchtlich mehrte. Zu den erfolgreichsten Pulsnitzer Fabrikanten zählte Herr Albert Emil Hauffe, Mitinhaber der Bandfabrik J.G.Hauffe. Die Leitung und stete Vergrößerung dieser Firma konnten die Tatkraft und den Unternehmungsgeist dieses wahren Kaufmannes nicht erschöpfen. Mit dem vielseitigen Interesse, das geistig regen Menschen zu eigen ist, verfolgte er die technischen Neuerungen und Fortschritte der damaligen Zeit. Es ist nicht bekannt, welche Umstände sein besonderes Augenmerk auf chemisch-technische Papiere lenkte. Mit klarem Weitblick erkannte er die große Zukunft dieses neuen Fabrikationszweiges. Seine Erkenntnis war zugleich sein Entschluss. Nach den bereits im Juni 1896 begonnenen Vorarbeiten gründete er mit einem aus Berlin gewonnenen Fachmann namens Andersch die unterm 21.11.1896 ins Handelsregister des Amtsgerichts Pulsnitz eingetragene Firma Hauffe & Andersch. Am 15.4.1897 schied jedoch der Teilhaber wieder aus und die Firma wurde in A.E. Hauffe, Fabrik chemisch-technischer Papiere, abgeändert.

Wachsen und Werden bis 1900
Die Wiege des Unternehmens stand in gemieteten, bescheidenen Räumen, in denen das raue Lied der Arbeit schon lange erklang. Das Stammhaus, Lange Straße 2, inzwischen mehrfach baulich verändert, steht noch und beherbergt heute das Kontor. Das alte Hintergebäude, das bald darauf abbrannte, diente früher einer Nagelschmiede, weshalb der Volksmund noch heute von der „Nagelfabrik“ spricht. Sie wurde mit Wasserkraft getrieben und das alte Mühlenrad drehte sich noch lange Jahre auch für den neuen Herrn.
Dicht entlang des Vorder- und Hintergebäudes lief der Mühlgraben. Er ließ außer dem „Gässel“, einem schmalen Verbindungsweg zwischen Lange Straße und Damm, keinen Meter Hof- oder Lagerraum. Stadtwärts des Mühlgrabens, parallel zum Damm, stand die alte Mühle. Sie enthielt, wie auch ver-schiedene Teile der anderen Gebäude, Fabrikationsräume der Firma J.G. Hauffe, die ebenfalls von dem Grundstücksbesitzer Dietrich ermietet waren. Die Fabrikation der Firma A.E. Hauffe erstreckte sich auf Lichtpaus- und Ölpauspapiere sowie Ölkarton. Sie war im Erdgeschoß des Hintergebäudes, etwa in der östlichen Hälfte der heutigen Farbmischerei, untergebracht. Die Lichtpauspräpariermaschine stand auf der rechten Seite, auf der linken, dem „Gässel“ zu, die Präpariermaschine für Ölpauspapier und Ölkarton. Sie wurde mit Wasserkraft getrieben, konnte aber auch auf Dampfkraft umgestellt werden. Beide Maschinen waren Erzeugnisse der Firma August Koebig, Radebeul. Es mutet uns heute als Kuriosum an, wenn wir hören, dass die Dampfmaschine für die Lichtpauspapiererzeugung an der Wand hing. Der Packraum befand sich im ersten Stock des gleichen Gebäudes, daneben ein kleiner Verschlag, der als Kontor diente. Die Lagerung des Ölpauspapieres erfolgte auf dem Boden des Vordergebäudes. Das Anfangspersonal bestand aus 5 Arbeitern und einem kaufmännischen Lehrling.
Wer die Schwierigkeiten der Fabrikation chemische – technischer Papiere kennt, weiß, wie schwer der Anfang gewesen sein muss. Viele Kinderkrankheiten mussten überstanden werden, viele Fehlanfertigungen wanderten in den Abfall. Neben positivem und negativem Wasserbad-Lichtpauspapier wurden von vorn – herein auch Sepia-Papiere hergestellt. Die Lichtempfindlichkeit der Papier war bei 10 bis 15 Minuten Belichtungsdauer noch sehr gering. Unermüdlich wurde an der Verbesserung der Präparate gearbeitet, immer neue Proben angestellt und es gelang, schon gegen 1900 wesentlich schneller kopierende Papiere herauszubringen. Ölpauspapiere verwendete man s. Zt. für die Anfertigung von Originalzeichnungen fast ausschließlich, Ölkarton als Kopierdeckel bei Benutzung der Kopierpresse.
Bei diesen Erzeugnissen bildete der die Qualität wesentlich beeinflussende Trocknungsprozess beträchtliche Schwierigkeiten. Während anfangs das frisch präparierte Papier in 10 oder 20 m-Rollen einzeln aufgestellt und einige Male umgerollt wurde, ging man bald dazu über, die frisch angefertigte Ware beim Abrollen 1 bis 2 Tage mit Affichenpapier zu durchsetzen, welches das überschüssige Öl aufsaugte. Von dem rechtzeitigen Herausnehmen der Einlegebogen hing der gute Ausfall des Ölpauspapieres wesentlich ab. Nach anschließender, wochenlanger Lagerung und Trocknung verließ keine Rolle die Fabrik, ohne noch einmal umgerollt zu werden.
Dieses ständige Bemühen um Qualitätssteigerung und die Auswertung aller Erfahrungen verschafften den Erzeugnissen der jungen Firma bald einen guten Ruf. Neben dieser Fabrikation wurde der Handel mit Naturpaus- und Detailzeichenpapieren betrieben, die damals als billigere Papiere nur für Skizzen und Entwürfe Verwendung fanden. Der Großhandel dehnte sich bald auf Zeichenpapiere, Millimeterpapiere und Pausleinen aus. Der zähen Arbeit der ersten Jahre blieb der Erfolg nicht versagt. Der Umsatz stieg, einige neue Arbeiter konnten eingestellt werden. Schon im Frühjahr 1897 erwarb die Firma das Grundstück Lange Straße Nr. 2 mit Nebengebäuden käuflich vom bisherigen Besitzer Dietrich. Das Kontor wurde ins erste Stock des Vordergebäudes verlegt und dort auch ein Packraum eingerichtet. Aus der Packstube, die vom Kontor nur durch eine Bretterwand getrennt war und der Pulsnitz zu lag, verlud man die versandfertigen Kisten und Pakete mit Hilfe einer einziehbaren Rutsche unmittelbar auf den Wagen.
Am Ausgang der 90er Jahre reichten die Handelsbeziehungen des jungen Unternehmens weit über Deutschlands Grenzen nach fast allen europäischen Ländern und sogar bis nach Australien. Die Hauptplätze des europäischen Marktes wurden regelmäßig von ständigen Reisenden bearbeitet, in England und Frankreich bestanden feste Vertretungen. Als sich dem großen Geschäft mit Russland Schwierigkeiten entgegenstellten, gab es für den eisernen Aufbauwillen des Inhabers nur eine Lösung: die Gründung einer russischen Zweigfabrik, die der Geschäftsführer Walther Götze und Meister Frenzel im Jahre 1899 in Odessa einrichtete. Wohl infolge der innerrussischen Wirnisse musste diese Außenstelle im Jahre 1905 aufgegeben werden, sie wurde an die Firma Zimmermann & Co., Moskau verkauft. - Die erste bauliche Ausdehnung erfolgte 1898 durch den Neubau eines kleinen Nebengebäudes am Damm (heutige Tischlerei), in das die Ölpauspapier – und Ölkarton-fabrikation übersiedelte.
Neben den Erfolgen bleiben Missgeschicke nicht aus. Ein Hochwasser richtete am 30.8. 1897 großen Schaden an. Alle im Erdgeschoß lagernden Rohpapiere und -materialien fielen der in den Gebäuden bis zu 0,50 m ansteigen Flut zum Opfer. Ein noch schwererer Schlag traf das junge Unternehmen im Herbst des Jahres 1900: Das Hintergebäude brannte aus nicht festgestellter Ursache in der Nacht zum Herbstjahrmarkt ab. Alle Maschinen der Lichtpausabteilung und der größte Teil der Warenvorräte wurden vernichtet und mit ihnen schienen alle Erfolge des bisherigen Schaffens zerstört zu sein. Des Geschickes Mächten stand aber der ungebrochene, zähe Wille eines Mannes gegenüber. Die Fabrikation wurde sofort in dem Grundstücke Feldstraße Nr. 271 provisorisch wieder aufgenommen. Während dort die Arbeit emsig weiterging, entstand aus Schutt und Asche ein neues, geräumiges Fabrikgebäude, das die Firma auch bei günstiger Weiterentwicklung nicht so schnell auswachsen konnte.

Arbeit und Aufstieg 1901 bis 1918
Mit dem neuen Jahrhundert begann ein neuer, bedeutungsvoller Abschnitt in der Geschichte der Firma A.E. Hauffe. Aus den Ruinen blühte neues Leben. Schon 1901 konnte der Fabrikneubau bezogen werden. Die Lichtpausabteilung wurde im ersten Stock untergebracht, im 2. Geschoß, auf dem „zweiten Saal“, die Abteilung Pauspapier. Hier erfolgte nunmehr auf langen Tafeln auch das Umrollen und Zwischenlegen des Ölpauspapieres, das weiterhin auf dem Boden des Vordergebäudes gelagert und getrocknet wurde. Die Ölpräpariermaschine verbleibt im alten Raum. Das Erdgeschoß des Neubaues dienste zunächst nur Lagerzwecken.
Mit der Ausdehnung des Raumes war die Belegschaft auf 4 Angestellte und 16 Arbeiter gestiegen. Das weitaus wichtigste Ereignis lag aber darin, dass in die neue Heimstatt der Arbeit ein neuer Fabrikationszweig mit einzog, der für die Weiterentwicklung des Unternehmens bestimmend werden und ihm erst sein Gesicht prägen sollte: Kohle – und Durchschreibfarbpapier.
Beim Wagemut und treffsicheren Unternehmungsgeist Ihres Begründers dankt es die Firma, dass sie heute als eine der ältesten Spezialfabriken Deutschlands und des Kontinents auf dem Gebiete der Kohle- und Durchschreibefarbpapiere gilt. Zwei Präpariermaschinen, die aus Breslau stammten und von denen eine für kalte, die andere für heiße Präparation eingerichtet war, sowie eine Farbreibmaschine, nicht viel größer als eine Schreibmaschine, mit zwei Walzen von etwa 30 cm Breite, bildeten den Grundstock der neuen Abteilung. Sie fand Unterkunft im oberen Geschoß des inzwischen aufgestockten kleinen Seitengebäudes am Damm, das die Belegschaft nunmehr „den Turm“ nannte. Ein Raum für das Abzählen, Schneiden und Ausrüsten der Farbpapiere wurde auf dem ersten Saal, neben der Lichtpausabteilung, eingerichtet.
Dem neuen Produktionszweig galt die besondere Sorgfalt und Aufmerksamkeit. Er bedurfte, obwohl ein Fachmann namens Menzel, mit Herstellungsrezepten gewonnen war, fabrikationsmäßig zunächst der Entwicklung. Den Markt mussten sich die neuen Farbpapiere, insbesondere das Kohlepapier, aber erst erobern, denn in den Kontoren dominierten noch lange Zeit Kopiertinte und Kopierbuch. Immerhin wurden schon bald außer schwarzen, blauen und violetten Farbpapieren auf verschieden starken Rohstoffen auch andersfarbige Papiere hergestellt. Die dünneren, etwa 20 g schweren Durchschreibsorten waren die Depeschenpapiere, die stärkeren (ca. 50 g) die Kopierpapiere. Das radierfähige Graphitpapier wurde anfangs in Bogen mit der Hand gestrichen und dann zum Trocknen aufgehängt.
Kohlepapiere, die zunächst nur einen kleinen Teil der Produktion bildeten, erschienen in drei Qualitäten auf 20, 14g und 12g Hadernrohpapier. Die im Jahre 1905 herausgegebenen Musterbücher weisen schon die stattliche Auswahl von etwa 25 Sorten Durchschreibe- und Kohlepapier auf und der gute Anfangserfolg des neuen Fabrikationszweiges geht daraus hervor dass der Jahresumsatz von 215.000 Blatt im Jahre 1902 auf 2.645.000 Blatt im Jahre 1905 anstieg. Davon fielen ca. 43 % auf das Auslandsgeschäft, das in diesem Jahre auch für Kohle- und Durchschreibpapiere schon bis nach Übersee reichte.
In diese ersten Jahre erfolgte bereits die schutzrechtliche Eintragung der Marke „Polydor“. Diese Bezeichnung führte anfangs das 20g-Rohpapier, die 14 und 12g Sorten wurden unter „Ratio“ und „Superior“ verkauft. Die letztere Bezeichnungen ließ man in späteren Jahren wieder fallen, während die Marke „Polydor“ bald auch für Durchschreibefarbpapiere in der Fachwelt ein Begriff für hochwertige Hauffe-Erzeugnisse wurde.
Es ist interessant, in diesem Zusammenhang auch die Entstehung der heutigen Polydor-Dreistern-Packung zu verfolgen. Ursprünglich kennzeichnete ein Reisender die verschiedenen Stärken der Polydor-Kohlepapiere mit einem, zwei oder mehr Sternchen. Diese Gepflogenheit führte zur entsprechenden Perforation der Papiere und schließlich auch zu Kartonverpackungen mit einem, zwei oder drei aufgedruckten Sternen. Nach vielen Jahren entschloss man sich zu einer einheitlichen Polydor–Packung mit dem Dreistern-Bild, die erst nach mehrfachen Verbesserungen der farbigen und graphischen Darstellung die heutigen prägnante Form erlangte.
Die Lichtpaus- und Pauspapiere hatten sich inzwischen unter der Marke „Architekt“ bereits einen guten Ruf erworben und ihr Abnehmerkreis wuchs, auch im Auslande, immer mehr. Für die Ölpaus- und Ölkartonfabrikation mussten größere Räume geschaffen werden, insbesondere, weil diese Erzeugnisse eine wesentliche Verbesserung durch das Lufttrocknen erfahren sollte. Da das Grundstück Lange Straße 2 keinen Platz bot, wurde 1905 auf einem dafür erworbenen Feldgrundstück in Pulsnitz Meißner Seite ein geräumiges Fabrikgebäude errichtet, in das nunmehr diese Abteilung übersiedelte. Der große Trockenraum ermöglichte es jetzt, die ölpräparierten Papiere und Kartons in langen Bahnen aufzuhängen und zu besonders radierfesten, klangharten Qualitäten ausreifen zu lassen.
Im gleichen Jahre nahm die Firma in günstiger Ausnützung einer Lücke der Lausitzer Textilindustrie, die bisher Eisengarne aus Barmen bezog, die Erzeugung dieses Artikels in den freigewordenen Räumen des Stadtwerkes auf. Diese ebenfalls zu guten Erfolgen geführte Zweigfabrikation musste 1916 der sich stark ausbreitenden Abteilung Kohle- und Durchschreibpapier weichen. Sie wurde mit allen Maschinen an die Firma Alwin Schulz, Pulsnitz, verkauft.
Die Jahre vor dem ersten Weltkrieg, die Deutschland zum bedeutenden Industriestaat heranwachsen sahen, brachten der Firma eine ungestörte, stete Aufwärtsentwicklung. Die Erzeugnisse konnten weiter verbessert werden, der Konsum, besonders an Durchschreibe- und Kohlepapier, stieg von Jahr zu Jahr. Der Export nach allen Ländern Europas nahm zu und neue Absatzmärkte wurden in Übersee, besonders in Südamerika, Japan, China und Indien gewonnen. Räumliche Veränderungen machten sich erforderlich. 1911 verlegte die Pauspapierabteilung endgültig nach der Zweigfabrik M. H., 1912 die Lichtpausabteilung mit einer zweiten Präpariermaschine vom 1. in den 2. Stock des Stadtwerkes. 1913 wurde in einem kleinen Raum des 1. Stockes eine eigene Kartonagenfabrikation eingerichtet. Im gleichen Jahre konnte schließlich das Fabrikgrundstück durch den Kauf den Wohnhauses Lange Straße Nr. 6 vergrößert werden. Die Belegschaft zählte bereits 8 Angestellte und 48 Arbeiter, eine 3. Präpariermaschine für Kohle- und Durchschreibpapier war aufgestellt, als 1914 der Weltkrieg herreinbrach.
Schon in den ersten Augusttagen musste eine Reihe bewährter Mitarbeiter einrücken, denen im Laufe der Kriegsjahre alle wehrfähigen Männer folgten. Der Betrieb wurde mit Austauschkräften aufrechterhalten und musste sich vorwiegend mit Ersatzstoffen behelfen. Hinzu kamen außergewöhnliche Anforderungen dadurch, dass der Bedarf an Kohlepapieren, die bisher in erheblichen Mengen aus Amerika und England eingeführt wurden, plötzlich stark anstieg. Allen Schwierigkeiten zum Trotz gelang es, diese Aufgabe durch wesentliche Steigerung der Produktion zu meistern, die den Ausbau der Präparation im 1. Stock, die Einrichtung der Farbmischerei im Erdgeschoß der Fabrik und die Verlegung der vergrößerten Kartonagenabteilung auf den langen Boden des Kontorgebäudes erforderlich machte. Eine weitere Ausdehnung des Fabrikgrundstückes war im Jahre 1917 durch den Erwerb des Wohnhauses Lange Straße Nr. 4 möglich.

Entwicklung und Erfolge 1919 bis 1939
Die jüngste, sehr bedeutsame Epoche der Firma ist dadurch gekennzeichnet, dass der Sohn des Begründers die Leitung der Firma aus den Händen des Vaters übernahm. Am 23. 1. 1919 trat Albert Emil Hauffe nach erfolgreichem Schaffen aus und Martin Hauffe wurde alleiniger Inhaber. Im Geist des Vaters und mit neuer Tatkraft ist er der treue Wahrer und Mehrer des übernommenen Erbes geworden. Zunächst galt es, das Unternehmen in den nun folgenden Jahren schwerster Erschütterungen zu behaupten und sicher durch die Fährnisse der Inflation zu steuern.
In dieser schweren Zeit schied 1921 der durch Jahrzehnte hervorragend bewährte Geschäftsführer Walther Götze durch plötzlichen Tod aus. An seine Stelle wurde in Georg Thomas ein tüchtiger, langjähriger Mitarbeiter berufen. Der in jahrzehntelangem Aufstieg bewährten Tradition des Hauses folgend, vermochte der neue Inhaber unter Hilfe seiner Mitarbeiter, das Unternehmen als gesundes Glied der krisengeschüttelten deutschen Wirtschaft zu erhalten und es zur heutigen Leistungsfähigkeit und Geltung zu führen.
Mit Entschlossenheim wendete man sich neuen Aufgaben wirtschaftlicher und technischer Art zu und löste sie. So erfuhren neben einer Neuordnung der Verwaltung Verkauf und Werbung eine grundlegende Neugestaltung. An allen Hauptplätzen des In - und Auslandes wurden ständige Vertretungen eingerichtet und diesen in verschiedenen Absatzzentren Auslieferungslager angegliedert. Anzeigen in allen Fachzeitschriften und Reklamesendungen in vieltausendfacher Auflage warben in großzügiger Weise regelmäßig für die Hauffe-Erzeugnisse. Eine betriebliche Neuorganisation bedingte verschiedene räumliche Veränderungen und bauliche Erweiterungen. Nach Umbau des Kontores im Jahr 1920 wurde die Abteilung Lichtpauspapier 1921 nach der Zweigfabrik M.S. verlegt und damit das Werk Stadt gänzlich für die Abteilung Kohle - und Durchschreibefarbpapier frei gemacht. Eine Tischlerei mit modernen Maschinen wurde eingerichtet, ein geschlossener Hofraum durch das Abdecken des Mühlgrabens geschaffen. Die größeren Transportansprüche erfüllte ab 1921 ein eigenes Pferdeführwerk, das bald eigene Kraftwagen ablösen. Wichtige Marksteine dieser Erfolgsjahre sind der Neubau eines 2. Trockengebäudes fü Ölpauspapier und Ölkarton auf dem Fabrikgrundstück M. S. im Jahre 1925 und die Aufstockung des Hauptgebäudes im Stadtwerk (1927), die der Buchbinderei endlich den längst notwendig gewordenen Raum gab.
Hand in Hand mit dem äußeren Wachstum der Firma ging ihr innerer Ausbau und die Vertiefung ihres guten Rufes. Die steigenden Ansprüche wurden durch immer bessere Qualitäten erfüllt, Sonderwünsche, die vor allem die Modernisierung der Buchhaltungen mit sich brachten, durch Spezialeinfärbungen und Sonderanfertigungen von Weißrand– und Zonenpapieren, Laschen und Rollen, befriedigt. Gerade auf diesem Gebiet wurde A.E. Hauffe bald führend in der Branche. Diese Leistungssteigerungen waren zum guten Teil erst möglich durch viele technische Verbesserungen an den Maschinen, die dank der Auswertung jeder Erfahrung laufend durchgeführt werden konnten. Auch der Ausstattung und Aufmachung der Verkaufspackungen wendete man größte Aufmerksamkeit zu, um hier ebenfalls mit Bestem aufzuwarten und mit der Entwicklung Schritt zu halten.
Die Pflege des Verkaufs unter Hausmarken der Händler und die Vielgestaltigkeit der Wünsche machte eine eigene Druckerei erforderlich, die Ende der 20er Jahre entstand. Obwohl ab 1933 infolge der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik der Export immer mehr zurückging und das Geschäft im wesentlichen auf den Inlandsmarkt beschränkt blieb, gelang es, die aufsteigende Linie auch in den künftigen Jahren beizubehalten. 1938 wurden neue, geräumige Arbeits– und Lagerräume durch den Aus- und Aufbau der alten Mühle geschaffen. Die im Jahre 1919 übernommene Belegschaft von 10 Angestellten, 3 Meistern und 55 Arbeitern war auf 28 kaufmännische, 5 technische Angestellte und 135 Arbeiter im Jahre 1939 gestiegen. Der Maschinenpark vergrößerte sich im gleichen Zeitraum von 6 auf 19 Präpariermaschinen und wurde durch Anschaffung vieler anderer Maschinen auf modernen Stand gebracht.
Mit der stürmischen Fortentwicklung des Werkes Stadt konnten die Abteilungen des Zweigbetriebes M.S. nicht Schritt halten, obwohl sich insbesondere Naturpaus-, Detailzeichen- und Zeichenpapiere sowie Millimeterpapiere zu bedeutenden Umsätzen entfalteten. Auf dem Gebiete des Lichtpauspapiers vollzogen sich grundlegende Wandlungen. Die Wasserbadpapiere wurden vom Jahre 1928 ab mehr und mehr durch Halbtrockenlichtpauspapiere verdrängt, die sich wiederum als kurzlebige Vorläufer des heutigen Trockenlichtpauspapieres erwiesen, dessen Fabrikation nach vielerlei Schwierigkeiten 1939 aufgenommen werden konnte.

Notzeit und Neuaufbau bis 1946
Als 1939 am politischen Himmel neue Wetterwolken aufzogen, war das Werk Stadt trotz Ausnutzung letzter Möglichkeiten ein Werk ohne Raum. Dem schon gefassten Plan, ein Verwaltungsgebäude jenseits der Lange Straße auf dem vorausschauend bereits sichergestellten Grundstück Nr. 3 zu errichten, blieb die Durchführung versagt. Das Unglück eines neuen Krieges brach herein. Wiederum mussten sie Männer des Betriebes den Platz ihrer friedlichen Arbeit verlassen, voran der Inhaber, dessen Gattin, Frau Elisabeth Hauffe, nunmehr zusammen mit dem Geschäftsführer die Leitung der Firma übernahm. Den Seniorchef, Herrn Albert Emil Hauffe, belasteten die Sorgen und Leiden des Krieges nur kurze Zeit. Am 19. 5. 1941 schloss er vierundachtzigjährig sein von Arbeit und Erfolg reich gesegnetes Leben.
Nahezu 6 Jahre Bomben- und totaler Krieg trafen diesmal die Heimat schwer. Unter unsäglichen Schwierigkeiten wurde der Betrieb mit halber, vorwiegend weiblicher Belegschaft, aufrechterhalten. Als schon alles verloren war, rollte der Krieg mit seinen Schrecknissen noch über Pulsnitz hinweg. In diesen letzten, schweren Kriegstagen kamen Geschäftsführer Thomas und Obermeister Kubasch, zwei Säulen des Betriebes, auf tragische Weise ums Leben. Der Inhaber, Herr Martin Hauffe, wird seit dem letzten Kriegstag vermisst, auf seine Rückkehr wartet die Firma noch. Aber das Werk selbst stand unversehrt, als im Mai 1945 der völlige Zusammenbruch Deutschlands kam.
In der nun folgenden schwersten Zeit seit der Begründung ist es für die Firma ein wahrer Segen, dass ihr in Frau Elisabeth Hauffe eine starke Persönlichkeit verblieb, die als Abwesenheitspflegerin eingesetzt wurde. Seit vielen Jahren durch ihre Mitarbeit mit den Geschäften vertraut, leitet sie als bewundernswürdige Frau im Geist ihres Mannes die Firma mit Umsicht und feinem Gefühl für die jetzt zu treffenden schweren Entscheidungen. Sie bestellte am 1. 6. 1945 Max Marschner als neuen Geschäftsführer, dem Otto Senf, ein langjähriger Angestellter, zur Unterstützung zur Seite steht. Am 1. Juni 1945 wurde der Betrieb mit 27 Angestellten und Arbeitern in bescheidenem Umfange wieder aufgenommen. Tausend Schwierigkeiten, bedingt durch den gänzlichen Zusammenbruch von Staat und Wirtschaft und das Fehlen von Rohstoffen und Transportmitteln, türmten sich auf. Sie vergrößerten sich von Tag zu Tag infolge der abschnürenden Zonengrenzen, des Abbaus vieler Rohpapierfabriken und der bald einsetzenden Reparationslieferungen.
Die Fabrikation im Werk Stadt beschränkte sich zunächst auf je eine Sorte Kohle- und Durchschreibefarbpapier. Einem 60g schweren Kohlepapier, sogar in ausgefallener Größe, folgte eine größere Erzeugung auf 30g Rohpapier. Erst Anfang 1946 gelang es, wieder einen Rohstoff von 20 g/qm hereinzubekommen. Um der kleinen Belegschaft trotz dieser Beschränkungen Arbeitsmöglichkeiten zu geben, wurde die Anfertigung von Schreib- und Notizblocks aus Papiervorräten aufge-nommen. Paus-, Zeichen- und Millimeterpapiere fielen ganz aus, da sie nicht mehr angefertigt bzw. aus den Westzonen nicht herangeschafft werden können. In Lichtpauspapier, für das die Firma A.E. Hauffe zunächst die einzige Fabrik im russischen Sektor war, wurde dagegen eine Produktionssteigerung erzwungen. Schwerer als alle anderen Nöte wogen die Gefahren der Demontage und Enteignung, die über der Firma schwebten. Während zwei große Abbauwellen glücklich vorübergingen, wurde der Betrieb am 7. 12. 1945 laut Befehl Nr. 124 der Sowjetischen Militär – Administration beschlagnahmt und zur Enteignung vorgeschlagen. Als Treuhänder wurde Max Marschner eingesetzt. Nach Monaten lastender Ungewissheit und schweren Kampfes erfolge am 24. 6. 1946 die Rückgabe der Firma an den Inhaber in feierlicher Form unter Überreichung einer Urkunde durch den Landrat des Kreises Kamenz. Umso entschlossener werden seitdem die schweren Aufgaben des Neuaufbaues angepackt, vor dem die Firma nach 50 Jahren glänzenden Aufstieges heute mit der deutschen Industrie steht. Mit Stolz darf festgestellt werden, dass es im Laufe des ersten Nachkriegsjahres gelang, einer Reihe zurückgekehrter Betriebsangehörigen ihren Arbeitsplatz wieder zu geben, sodass die Belegschaft gegenwärtig 63 Personen umfasst. Als beträchtlicher Erfolg ist es auch zu werten, dass heute bereits wieder ein hochwertiges 14g-Kohlepapier hergestellt und ein 20g-Durchschreibefarbpapier herausgebracht werden kann, das in jeder Hinsicht den Vergleich mit Vorkriegspapieren aushält. De endgültige Weg aus den Trümmern einer furchtbaren Niederganges in lichtere Zukunft wird sich nur mit eisernem Willen, größtem Fleiß und äußerster Tatkraft finden lassen. Betriebsleitung und Belegschaft schließen sich am Ehrentage ihrer Firma fester zusammen in dem Willen, jeder an seinem Platz das Beste zu geben, um die Firma mit Gottes Hilfe über die Notzeit zu bringen und sie mit neu errungenen Erfolgen ihrem verehrten Chef übergeben zu können, dessen baldige Rückkehr heute der heißeste Wunsch jedes Betriebsangehörigen ist.

Innere Verhältnisse
Dieser Rückblick kann nicht abgeschlossen werden ohne eine Würdigung der sozialen Verhältnisse und betrieblichen Fürsorge in der Firma A.E. Hauffe. Denn erst dadurch wird ihr Bild vollständig. Bis in die ersten Jahre des Bestehens lassen sich fürsorgliche Maßnahmen zurückverfolgen, sei es auf dem Gebiet der Unfallverhütung, sei es die Einrichtung eines Sanitätsdienstes. Für besondere Notfälle einzelner Zugehöriger zeigte der Inhaber stets ein Herz. Es spricht für die Verbundenheit zwischen dem Betrieb und seinen Mitarbeitern, dass es die Firma als Ehrenpflicht erachtet, ihren Angehörigen auch nach dem Ausscheiden im Alter fürsorgend zu gedenken.
Zu diesem Zwecke begründete Albert Emil Hauffe 1918 die nach ihm benannte Stiftung. Eine Reihe Arbeitsveteranen erfreute sich durch lange Feierabendjahre dankbar dieser Betriebstreue. Im Mai 1946 wurde diese segensreiche Einrichtung wieder aufgenommen, obwohl die Kapitalien der Stiftung eingefroren sind. Zeigte schon der Seniorchef großzügiges Verständnis für die Anliegen seiner Belegschaft, so besitzt der jetzige Inhaber ein seltenes Maß des Verstehens und Helfens für das Wohlergehen seiner Mitarbeiter. Schon bald gliederte er der Albert Emil Hauffe-Stiftung eine Altersversicherung für seine Angestellten an.
Die Lohnverhältnisse wurden vorbildlich geordnet, alljährlich neben Weihnachtsgeschenken erhebliche Beträge als Tantieme an alle Betriebsangehörigen ausgeworfen. Die hygienischen Einrichtungen des Betriebes erfuhren durch moderne Waschanlagen und neu eingerichtete Brausebäder wesentliche Verbesserungen. Ein Betriebsgarten bietet Gelegenheit, die Arbeitspausen im Freien zu verbringen, ein schöner Aufenthaltsraum mit einer Bibliothek steht besonders den auswärtigen Betriebsangehörigen für die Freizeit zur Verfügung. Die Gemeinschaft wird gepflegt durch Betriebsfahrten und - feiern, deren sich jeder gern erinnert. Das gute Einvernehmen zwischen Betriebsleitung und Belegschaft geht am besten daraus hervor, dass die Firma heute einen fünfzigjährigen Arbeitsjubilar hat und 6 Betriebsangehörige seit über 40 Jahren, 9 seit über 25 Jahren und 22 seit über 10 Jahren im Betrieb arbeiten. Der Geist aber, in dem die Firma A.E. Hauffe allezeit geleitet wurde, kann nicht treffender als dadurch gekennzeichnet werden, dass Herr Martin Hauffe von seinen Geschäftsfreunden ein königlicher Kaufmann und von seiner Belegschaft der Vater des Betriebes genannt wurde.