1896-1971
75 Jahre A.E. Hauffe
Jubiläumsfeier am 8. Oktober 1971, 10.30 Uhr in der Werkshalle der Firma
Begrüßung
Geschäftsführer Achim Hentschel
Josef Haydn
allegro con spirito B-dur
(Sonnenaufgang) aus op. 76
Dank- und Grußworte
Artur Böhmer für die Belegschaft, Ludwig Fischer für die Vertreter, Dipl.-Kaufm. Herbert Skrebba als Freund des Hauses, Bürgermeister Dilger für die Stadt Lahr, Dr. Göhringer für die Industrie und Handelskammer
W.A. Mozart
allegro moderato D-dur, 1. Satz aus K.V. 155 Es spielt das Streichquartett Panzer, Karlsruhe
Festrede
Geschäftsführender Gesellschafter Erich Hentschel

Sehr verehrte Gäste,
liebe Freunde, liebe Mitarbeiter, meine Damen und meine Herren,
auch bei einem Jubiläum gibt es, wie immer, zwei Möglichkeiten: entweder man macht kein Aufhebens und begeht den Tag schlicht im engen Kreise, oder man macht ein Fest daraus, lädt Gäste und feiert fröhlich.
Vor diesem Entweder-Oder waren auch wir beim Herannahen unseres 75jährigen Geschäftsjubiläums gestellt. Wir haben uns, wie Sie sehen können, ohne Zögern für das Oder, für das Feiern, entschieden. Denn ein solches Jubiläum - das gibt`s nur einmal, das kommt nicht wieder und - man soll die Feste feiern, wie sie fallen.
Zudem fühlten wir uns geradezu verpflichtet, diesen Ehrentag der Firma würdig zu begehen, weil die bisherigen Jubiläen unseres Hauses immer zu kurz kamen. Sie fielen - das 25-jährige 1921, das 50jährige 1946 - in unmittelbare Nachkriegszeiten, und man begnügte sich oder man musste sich begnügen mit einem mehr oder weniger schlichten Gedenken. Vor diesem Jubiläum liegen nun 25 friedliche Jahre, und außerdem ist für uns nach völligem Verlust und geglücktem Wiederaufbau diese Jubiläum zugleich ein Wiederauferstehungsfest. Sie werden mit beipflichten: viel Grund zu dankbarem Feiern!
Und wo sollte dies Feierstunde stattfinden? Das war für uns keine Frage. Hier, hier am Ort unserer Taten. Der schönste Festsaal schien uns nicht würdiger für diese Stunde zu sein als diese unsere Werkhalle. Und Sie, liebe Gäste, sollten vom Geburtstagskind nicht nur hören, sondern es selbst in Augenschein nehmen können. So sind wir nun hier festlich versammelt, und ich schätze es dankbar, dass Sie, verehrte Gäste, sich die Zeit genommen haben, diesen Festtag mit uns zu begehen. An den Anfang dieser Stunde soll ich nun das Wort, das am Anfang war, stellen. Ich besitze dafür eine gewisse Legitimation, denn ich habe über 50 Prozent zeitlichen und tätigen Anteil an diesen 75 Hauffe-Jahren. Und als so altes, lebendes Hauffe-Inventar habe ich so manches und allerhand bei Hauffe miterlebt.
Schon die erste Generation dieses Unternehmens sah ich aus nächster Nähe als Kind. Wir Buben tummelten uns oft und gern bei der Fabrik, und da ein Gäßchen unmittelbar an dem Hauptgebäue vorbeiführte, konnten wir auch neugierig durch die Fenster hineinschauen, bis wir wieder verjagt wurden. Die Akteure diese Zeit sehe ich noch deutlich vor meinen Augen: den Chef, die Angestellten, die damals Schreiber oder Kommis genannt wurden, den Meister und - nicht zu vergessen - den Kutscher, denn manchmal hatte ich das Glück, mit dem Pferdefuhrwerk von Hauffes ein Stück mitzufahren, wenn es Kisten und Pakete zu Bahn und Post brachte.
Der Fabrikherr war für uns große Respektperson, wir grüßten ihn wir den Herrn Pfarrer und den Herrn Lehrer mit verhaltenen Schritten und gezogener Mütze. Welche Ungereimtheit des Schicksals, dass einer dieser fremden Buben das Unternehmen späteren fremdem Ort weiterführen und den Erstinhaber zum 75. Jubiläum ehren und würdigen sollte. Als die zweite Generation regierte, war ich schon richtig dabei. Wenn man in ein fremdes Haus eintritt, verspürt man bald, welcher Geist dort waltet. So merkte ich gleich, dass der im Hause Hauffe herrschende Geist einer frischen, belebenden Brise gleichkam, dass das Klima gut und würzig war. Mit der Auffassung von Arbeitsmoral und Pflichterfüllung wurde es sehr genau genommen. Das wurde vom Chef persönlich vorexerziert, er erschien täglich zum Büroanfang pünktlich auf den Glockenschlag und ging abends meist als Letzter.
Es herrschte auch strenge Zucht und Ordnung. Wir hatten damals bereits ein Großraumbüro für etwa 25 Angestellte, allerdings fehlten die schallschluckenden Decken und die trittdämpfenden Fußbodenbeläge. Dafür hingen Schilder an der Wand: "Gehe leise, sprich leise, komme nicht zu spät, arbeite gründlich und sorgfältig." Für die Beachtung dieser mahnenden Sprüchlein sorgte der Bleistift des Herrn Prokuristen, der in schneller Folge auf den Schreibtisch trommelte, wenn es etwa zu laut wurde. Sie sehen, ich bin in einer harten, strengen Schule geprägt worden. Mit dem strengen Prokuristen lebte ich hin und wieder in Spannung oder er mit mir. Aber meinen Chef Martin Hauffe verehrte ich. Nichts kann seine Persönlichkeit besser kennzeichnen, als dass er von seinen Geschäftspartnern einköniglicher Kaufmann und von seinen Mitarbeitern der Vater des Betriebes genannt wurde.
Schließlich war es mir aufgetragen, den Abschnitt der dritten Generation, der zunächst von großem Unglück gezeichnet war, selbst maßgeblich zugestalten. So vertrete ich heute und hier diese drei Generationen. Aber auch die künftige vierte Hauffe - Generation ist heute und hier schon vertreten durch unseren jüngsten Gast Katrin Hauffe, noch an der Hand ihrer Mutter. Katrin ist letztes Glied und Erbin der leider so früh fast ausgelöschten Familie Hauffe, Katrin ist die Urenkelin des Firmengründers. Ich grüße Frau Herrel und ihre Tochter sehr herzlich. Wir haben auch eine Enkelin des Gründers, nicht mehr ganz so jung, heute zu Besuch: Frau Hanni Schmidt, die ich ebenso herzlich begrüße und der ich für ihr Kommen besonders danke. Erlauben Sie mir, dass ich auch noch unseren ältesten Gast persönlich willkommen heiße: Herrn Otto Kobbé aus Frankfurt. Schon vor nahezu fünfzig Jahren übernahm er die Hauffe-Vertretung, war einer unserer besten Vertreter, leistete uns Hilfe und Beistand bei unserer Flucht und Übersiedlung und führt mit seinem Sohn als Gesellschafter und Geschäftsführer in der Firma Polytekt, Frankfurt/Main, die frühere Großhandelsabteilung von Hauffe in Zeichen-, Transparentzeichen- und Millimeterpapieren weiter. Eine Besonderheit verbindet uns noch mit Herrn Kobbé: er ist auf den Tag genau so alt wie unsere Firma. Als diese in das Handelsregister beim Amtsgericht Pulsnitz eingetragen wurde, trug man seinen Namen in das Geburtsregister von Wiesbaden. Das war am 21. 11. 1896. Wir können also Herrn Kobbé heue noch nicht zu seinem 75. Geburtstag gratulieren, dagegen feiern wir bei Hauffe völlig zu Recht, denn abweichend von der offiziellen handelsrechtlichen Verlautbarung fing es mit dem Betrieb schon in den ersten Oktobertagen an. Diese Tatsache benützen wir gern, um unsere Gäste schon heue an diesem sonnigen Oktobertag zu uns zu bitten, statt an einem trüben Spätnovembertag. 1896, lang ist`s her. War das die gute, alte Zeit?
Vergegenwärtigen wir sie uns kurz: die Bismarcksche Epoche war gerade zu Ende gegangen, die Wilhelminische Zeit angebrochen. Politisch lebt man wohl in einem Rausch von Optimismus. "Ich führe euch herrlichen Zeiten entgegen." Es war die Jugendstilzeit, zu der wir keinen Bezug mehr haben, auch wenn wir vielleicht eine Petroleumlampe mit einem üppig formierten Renaissancefuß oder eine gefühlvolle Jugendstilglasglocke in unser Wohnzimmer stellen.
Wirtschaftlich war diese Zeit, die Gründerzeit, eine glänzende Zeit. Der industrielle Fortschritt ging rasch voran, Handel und Wandel blühten. Es wurde fleißig und hart gearbeitet, in den Fabriken und Werkstätten von morgens sechs bis abends sechs und natürlich auch samstags. Das Telefon und die elektrische Glühbirne waren erfunden. Ich weiß aber nicht, ob diese Errungenschaften in unserem kleinen Heimatstädtchen Pulsnitz schon vorhanden waren, und wenn, dann nur in ganz geringem Umfang. Ein Auto, selbst ein Fahrrad waren noch bestaunte Seltenheiten. Man lief, täglich oft stundenlang, und man hatte noch nicht die Sorge, ob es besser wäre, statt Butter Margarine zu essen. In den Büros tat die Kopierpresse noch ihre Dienste. Aber die Schreibmaschine war erfunden und tauchte schon in verbesserten Modellen immer mehr auf. Und mit ihr das Kohle- und Blaupapier, das wie die Schreibmaschinen größtenteils aus Amerika kam und teuer bezahlt werden musste.
Hier beginnt nun die Geschichte unseres Hauses. Albert Emil Hauffe, Fabrikant und Inhaber der bedeutenden Bandfabrik I. G.Hauffe, war ein echter Unternehmer der Gründerzeit. Er erkannte richtig, dass mit der industriellen Entwicklung auch ein gründlicher Wandel der Büroarbeit kommen, dass die Maschine sich auch im Büro durchsetzen und einen großen Zubehörbedarf nach sich ziehen würde. Sollten die Scheibmaschinen aus Amerika kommen, das Kohlepapier wollte er hier herstellen. Der Bandfabrikant wagte sich auf ein ganz neues Gebiet und gründete die "Fabrik chem.-techn. Papiere A. E. Hauffe". Damit war der vielseitigen sächsischen Industrie ein einzigartiges Kind geboren, denn A. E. Hauffe war die erste Kohlepapierfabrik und blieb es in Sachsen bis in die 30er Jahre.
Die Fakten der Firmengeschichte lassen sich in wenigen Daten und Zahlen zusammenfassen. Was aber hinter diesen nüchternen Fakten steht an auf und ab in guten und schlechten Zeiten, an Leistung und Erfolgen, das ist der Inhalt dieser 75 Hauffe- Jahre, von den Verhältnissen oft mitbestimmt, aber immer von den Menschen geformt und bewältigt. Der Anfang war bescheiden: gemietet Räume, 5 Männer. Ein neuer Artikel, der erst entwickelt werden und für den auch der Bedarf erst geweckt werden musste, konnte erst nach Jahren zum Erfolg führen. Deshalb wurde Lichtpauspapier und Ölkarton für Kopierdeckel mit aufgenommen. Damit kam man auch ganz gut zurecht, und um die Jahrhundertwende lieferte man schon erhebliche Mengen, auch nach dem Ausland, so nach Frankreich, England und Russland. Als sich dem Geschäft mit Rußland Schwierigkeiten entgegenstellten, gründete man in Odessa eine Zweigniederlassung, die allerdings bald wieder aufgegeben wurde. Der Durchbruch zum Erfolg bei Kohlepapier, dem von vornherein die besondere Aufmerksamkeit galt, gelang erst später. Man hatte wohl Grundrezepte erworben, aber es fehlte jede Erfahrung und auch den Fachmann gab es noch nicht. Viele Kinderkrankheiten der Fabrikation mussten überwunden werden, viele Fehlanfertigungen wanderten in den Abfall. Ich mag nicht wissen, wie oft und sehr es damals in der Küche bei Hauffes geraucht hat. 1905 enthält das Musterbuch jedoch bereits 25 Sorten Kohle- und Durchschreibpapier, in diesem Jahre erfolgt auch die schutzrechtliche Eintragung der Marke Polydor. Um die Jahrhundertwende wird auch schon ein Fabrikgroßhandel in technischen Papieren wie Zeichen-, Transparentzeichen und Millimeterpapier angeschlossen, der mit guten Erfolgen bis 1946 weitergeführt und dann von der Schwesterfirma Polytekt übernommen wurde.
Als der Weltkrieg 1914 ausbricht, zählt die Belegschaft schon 50 Personen. 1919, nach Kriegsende, übergibt der Gründer das Unternehmen seinem Sohn Martin, der es mit neuen Impulsen zu Erfolg und Bedeutung führte. Verwaltung und Vertrieb wurden neu organisiert, neuer Raum geschaffen, die Maschinen modernisiert und viele neue angeschafft, die Qualitäten laufend verbessert, eine Druckerei und Kartonagenfabrik angeschlossen. A. E. Hauffe wurde eine der bedeutendsten Spezialfabriken für Kohlepapier in Europa. 1939 waren etwa 200 Mitarbeiter beschäftigt, dann kam der Zweite Weltkrieg, der die Weiterentwicklung jäh unterbrach. In sechs Kriegsjahren blieb das Werk von Bomben verschont und unversehrt. Aber es verlor seinen Chef, der vermisst im Kriege blieb. Der kaufmännische und technische Leiter endeten auf tragische Weise in den Schrecken der ersten Besatzungstage.
Die Männer des Betriebes und des Büros waren gefallen oder in Gefangenschaft. So stand Frau Elisabeth Hauffe, eine charmante und lebenstüchtige Persönlichkeit, allein mit dem Betrieb da. Sie brauchte Hilfe. Da sprang ein Mann in die Bresche, der das damals große Wagnis übernahm, die Verantwortung für einen privaten Betrieb zu tragen und für dessen Interessen einzutreten. Herr Max Marschner wurde Geschäftsführer. Er musste seinen harten Kampf um die Erhaltung des Werkes schon 1950 mit seiner Flucht vor der Verhaftung bezahlen. Ich freue mich sehr, Herrn und Frau Marschner heute bei uns zu sehen. Nun kam die Reihe an mich, inzwischen aus der Gefangenschaft zurückgekehrt. Aber schon 1952 wurde Frau Hauffe und mir der Prozeß wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen gemacht, um den Betrieb mit dem Schein des Rechts enteignen zu können.
Glücklicherweise konnten auch wir der Verhaftung entrinnen. Nach Flüchtlingsstationen in Berlin und Frankfurt kamen wir im März 1953 nach Lahr. Erst im Frühjahr 1954 konnten wir neu beginnen, weil erst dann die Mittel aus dem Kredit, auf den wir angewiesen waren, zur Verfügung stande. Die lange Zwischenzeit war recht unerfreulich und eine lange Geduldsprobe. Unsere Barmittel waren ja längst 4:1 eingetauscht, aufgebraucht. Es war deshalb ein großes Glück für mich und auch für unseren Neubeginn, dass mich Herr Skrebba als Gast in seinem Skrebbawerk aufnahm. Nur wer solche Notzeit durchstanden hat, wird ermessen können, was solche Hilfe in der Not bedeutet. Ich habe in dieser Zeit bei Herrn Skrebba viel hinzugelernt und aus der damaligen Zusammenarbeit ist eine gute Freundschaft geworden, die ich dankbar schätze. Unsere Bankverbindung, die Sparkasse, und die Stadt Lahr hatten zunächst keine Freude an uns. Wir lebten in bedenklich roten Zahlen. Die Stadt musste sogar eine Jahresmiete von 1953 bis zum Arbeitsbeginn für uns auslegen. Dafür revanchieren wir uns nun Jahr für Jahr in barer Münze, die wir in nicht unerheblicher Zahl in das Gewerbesteuer-Säckel zahlen. Aus Hergelaufenen, die erst zur Last fielen, sind nützliche Bürger geworden. Noch ehe wir geschäftlich wieder richtig Fuß fassen konnten, ereilte uns ein neuer schwerer Schlag: Frau Elisabet Hauffe starb 1956 an den Folgen eines Autounfalles. Ihr Sohn Peter erlitt das gleiche Schicksal 1965, erst 30jährig, als er nach Studium und Ausbildung gerade erst in die Firma eingetreten war. Es ist die Tragik dieses Jubiläums, dass weder Frau Elisabeth, die Mutter, noch Peter Hauffe, der Sohn, diesen Tag erleben durften.
Die Mieträume waren längst zu klein geworden, als wir 1962 den eigenen Betrieb im neu erschlossenen Industriegebiet beziehen konnten. In drei weiteren Bauabschnitten sind unsere Lager- und Werkhallen inzwischen auf 4500 qm angewachsen. Wir stellen heute in erster Linie Einmalkohlepapier her, das wie der Name schon sagt, nur einmal verwendet und in großen Mengen für Vordrucksätze, besonders auch für Schnelldrucker in EDV Anlagen gebraucht wird. Das herkömmliche Kohle- und Durchschreibpapier, das uns einst groß werden ließ, ist zweitrangig geworden. Jetzt sind wir eben dabei, die Produktion eines neuen, selbstschreibenden Druckpapieres aufzunehmen. Wir folgen damit der sich andeutenden Tendenz künftiger Entwicklung. Von dem riesigen Bedarf eines Artikels, den man nicht näher kennt, macht man sich meist keine rechte Vorstellung. Wir verarbeiten monatlich einige hundert Tonnen Rohpapier, Ruß, Wachs und Öl. Unser Papierlager, das Sie bei einem Rundgang dann sehen können, fasst unseren Bedarf von etwa 6 Wochen. Würden wir das in gleicher Zeit erzeugte Kohlepapier Meter für Meter aneinanderlegen, so ergäbe das eine Bahn, die einmal um die Erde reichte.
75 Jahre Hauffe: Von der Höhe dieses Tages blicken wir auf die lange Wegstrecke zurück und empfinden Genugtuung und Dankbarkeit, dass wir alles heil überstanden haben, dass uns vor allem der Wiederaufbau hier in Lahr geglückt ist. Ich danke allen unseren Mitarbeitern und unseren Vertretern in Gegenwart und Vergangenheit. Nur die gemeinsame Arbeit und Pflichterfüllung hat uns zum Erfolg geführt, auf den wir heute auch ein wenig stolz sein dürfen. Ich danke herzlich unseren Kunden, von deren Aufträgen und Vertrauen wir leben. Ich grüße auch die alten Mitarbeiter und Bekannten in unserem Pulsnitzer Stammhaus, das heute volkseigener Betrieb ist, aber bis vor kurzem noch immer die gute, alte Marke "Polydor" führte.
Der unternehmerischen Leistung in diesen fünfundsiebzig Jahren sei auch gedacht. Es kommt nicht von allein, es läuft nicht so am Schnürchen, wie das vielleicht von außen aussieht. Sorgen, Wagnis, schwierige Entscheidungen liegen vor dem Erfolg. So mancher, der von Mitbestimmung, d.h. auch von Mitverantwortung hört und redet, würde sich beim genauen Hinsehen sehr bedanken für die Bürde, die der Verantwortliche eines Betriebes trägt und mit in seine Freizeit und seine Nächte hinein nimmt. Wir sind nur ein kleiner Mittelbetrieb, aber einer von den Tausenden, die mit ihrer privaten Initiative viel beitragen zum Funktionieren unserer freien und sozialen Marktwirtschaft, zu der Fülle des Angebotes auf allen Gebieten, zu dem Wohlstand und dem hohen Lebensstandard, den wir uns in dieser freien Marktwirtschaft erarbeitet haben.
Tritt an deren Stelle und an die Stelle der privaten Initiative eine zentral gelenkte staatliche Planwirtschaft, so sieht die Sache plötzlich ganz anders aus. Diesbezüglichen Anschauungsunterricht bietet seit 25 Jahren der andere Teil unseres Vaterlandes. An vielen Bedarfsgütern fehlt es dort noch immer, gegenwärtig selbst an Tomaten und Kohlepapier. Diese Betrachtung gehört, wie ich meine, auch dazu, wenn es gilt, das 75jährige Bestehen eines privaten Mittelbetriebes zu würdigen. 75 Jahr alt sein heißt für ein Unternehmen zugleich, dass es jung geblieben sein muss. Denn nicht mit Tradition oder glorreicher Vergangenheit, sondern nur durch immer neue gute Leistung ist die Zukunft zu gewinnen. So ist für uns die schmerzliche Wiedergeburt in der Bundesrepublik ein Glück in allem Unglück geworden. Als modernes, wieder junges und leistungsfähiges Unternehmen gehen wir zuversichtlich in die nächsten 25 Jahre.
Auf diesem Wege sei Goethes Mahnung an den Schwager Kronos unser Leitspruch: Auf denn, nicht träge denn, strebend und hoffend hinan!